Green Health Care – die Auswirkungen des Klimawandels auf Gesundheitssysteme – Interview mit Dr. Stefan Drauschke (GÖK Consulting)

Dr. Stefan Drauschke (GÖK Consulting) über seinen Vortrag im Rahmen der Session „Green Health Care“ auf dem BMC-Kongress:

Im Gesundheitswesen spielte die Klimaschutzdebatte bislang kaum eine Rolle. Warum sollten wir das Thema unbedingt auf die Agenda heben?

Dr. Stefan Drauschke: Gesundheit und Nachhaltigkeit sind essentiell für das Gesundheitswesen mit seinen AkteurInnen und der Bevölkerung als InanspruchnehmerInnen des Gesundheitswesens. Wir werden als Individuen nur gesund bleiben, wenn auch unser Umfeld – die Reinheit von Luft, Wasser und Lebensmitteln – stimmt. Auch wenn das Klima weiter aus den Fugen gerät, wird uns dies direkt persönlich belasten (Erderwärmung und Hitze wirken auf die Gesundheit im Sinne von Kreislauf, Bewegungsfähigkeit etc.) und auch indirekt systemisch (mehr Stürme, mehr Hitze und Starkregen, längere gleichartige Wetterperioden mit Dürre oder Dauerregen etc.).

Auch bei den Leistungserbringenden im Gesundheitswesen wird klar, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz Kosten sparen und Verschwendung minimieren und darüber hinaus zur Attraktivität in Hinblick auf ArbeitnehmerInnen und PatientInnen beitragen.

Wie gelingt es uns, dem Thema mehr Zugkraft zu verleihen? 

Dr. Stefan Drauschke: Der Leitgedanke ist, dass uns das alle etwas angeht. Uns ist nicht damit geholfen, weiter Hypotheken auf nachfolgende Generationen zu verlagern. Wir erleben, dass sich vor allem junge Menschen selbstorganisiert und mutig engagieren und die Politik infolgedessen in (fast) allen politischen Lagern Klimaschutz zentral im Parteiprogramm verankert hat. Es wird allen klar, dass es kein Wohlfühlthema ist, sondern essentiell für das Überleben auf diesem Planeten. Auch wird inzwischen von „kühlen Rechnern“ verstanden, dass die Schäden durch unterlassenen Klimaschutz mehr Kosten verursachen als Investitionen in Klimaschutz, der sogar neue lukrative Geschäftsfelder eröffnet. So hat sich Zugkraft durch fast alle politischen Lager und Gesellschaftsschichten und Generationen entwickelt, die es nun zu nutzen gilt. In der Digitalisierung bahnt sich inzwischen eine vergleichbare „Story“ an.

Was können wir von Bewegungen wie Fridays for Future lernen, um die digitale Transformation voranzutreiben?

Dr. Stefan Drauschke: Es geht im Change nur voran, wenn die ProtagonistInnen verstanden haben, wohin die Reise geht und wofür sie gut ist. Wenn breitere Bewegungen mit guten Argumenten und klugen, charismatischen Köpfen Themen wie Klimaschutz aufgreifen und klarer wird, welchen „Preis“ es kostet, wenn man zu wenig tut, dann steigt die Wahrscheinlichkeit für das „Entzünden“ einer breit getragenen Bewegung „von unten“, die nachhaltig die Dinge voranbringt –  wie man im Moment erfreut wahrnehmen kann. Dasselbe gilt für die Digitalisierung: Erst wenn Nutzen und Notwendigkeit – auch im Sinne der Nachhaltigkeit durch bessere Prozesse, weniger Verschwendung und mehr Effizienz – von einer Mehrzahl der Menschen wahrgenommen und verstanden werden, dann ist der Weg frei für eine breit getragene digitale Transformation im Gesundheitswesen, die sich dann z.B. auch durch die verschiedenen Berufsgruppen und Hierarchien im Krankenhaus hinweg Bahn brechen wird.

Mehr zu diesem Thema in der Online-Session „Green Health Care – die Auswirkungen des Klimawandels auf Gesundheitssysteme“ am 19. Mai auf dem BMC-Kongress.