Arbeitsgruppe Neue Versorgungsformen
In den AG-Sitzungen werden Versorgungskonzepte und -modelle vorgestellt, die das Potenzial aufweisen, Patientenversorgung und Versorgungsprozesse nachhaltig zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise Modellvorhaben und Projekte auf selektivvertraglicher Basis, aber auch E-Health-Ansätze, Qualitätsinitiativen und Businessmodelle von Start-up-Unternehmen im Healthcare-Bereich.
Ein besonderer Fokus liegt dabei auf sektorenübergreifenden und interdisziplinären Kooperationsformen. Darüber hinaus hat sich die Arbeitsgruppe in den vergangenen Jahren mehrfach den Veränderungen und Herausforderungen in der Versorgung psychischer Erkrankungen gewidmet. Die Arbeitsgruppe Neue Versorgungsformen tagt viermal jährlich mit ca. 30 bis 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Weitere Informationen zu den einzelnen Terminen finden Sie in der Veranstaltungsübersicht.
Die AG wird geleitet von
Ralph Lägel, MBA
Geschäftsführer, Cap4Health GmbH & Co. KG
Prof. Dr. Volker Möws
Geschäftsführer Politik und Kommunikation,
Techniker Krankenkasse
Bericht zur Arbeitsgruppe aus dem Geschäftsbericht 2017
Auch im Zeitalter der Digitalisierung bleibt das Interesse der Mitglieder an der AG Neue Versorgungsformen ungebrochen. Große Runden mit vielen Fragen und anregenden Diskussionen haben das Jahr gekennzeichnet. Ein wichtiger Anhaltspunkt wurde Ende 2016 der Innovationsfonds. Die Frage, ob die Bereitschaft zum Abschluss von neuen Verträgen zur besonderen Versorgung nach § 140a SGB V in der Zukunft aufgrund der Optionen aus der Förderbekanntmachungen stark zurückgehen wird, trieb alle um. Im Jahr 2017 beschäftigte sich die AG entsprechend intensiv mit den laufenden Innovationsfondsprojekten. Neue Projekte wurden vorgestellt und diskutiert, bereits laufende Projekte weiter begleitet und deren Entwicklung evaluiert. Ideen zur Weiterentwicklung des Innovationsfonds und zur Ausgestaltung eines sektorenübergreifenden Vergütungsmodells erarbeitete die Gruppe im Rahmen der Bundestagswahl. Als Jahreshighlight erreichte die von der Arbeitsgruppe ausgerichtete Fachtagung „Innovative Versorgungskonzepte für psychische Erkrankungen“ am 11. Oktober in Berlin über 100 Teilnehmer.
Bericht zur Arbeitsgruppe aus dem Geschäftsbericht 2016
Die Themen der Arbeitsgruppe waren im Jahr 2016 gewohnt vielfältig: Das Pro und Contra ärztlicher Zweitmeinungen, digitale Kommunikationsansätze in der Versorgung und die ersten vom Innovationsfonds geförderten Projekte standen auf der Agenda.
Zweitmeinungsverfahren: Status, Umsetzungserfahrungen, Lösungen
Am 24. Mai fand die erste Veranstaltung der AG Neue Versorgungsformen zum Thema Zweitmeinungsverfahren statt. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz hatte der Gesetzgeber den Weg für ein strukturiertes Zweitmeinungsverfahren geebnet – fünf Akteure aus dem Gesundheitswesen nahmen nun hierzu Stellung.
Seitens der Krankenkassen bestehe aktuell ein hoher Bedarf an Zweitmeinungen, so Markus Lelle, Leiter Verträge und Versorgung der IKK Südwest. Erste Erkenntnisse haben gezeigt, dass sowohl Patienten als auch Krankenkassen und Leistungserbringer klare Vorteile aus strukturierten Zweitmeinungen ziehen. Herr Lelle mahnte jedoch abzuwarten, ob sich der Erfolg einer Zweitmeinung langfristig ebenfalls manifestiert.
Auch Klaus Rupp, Leiter des Fachbereichs Versorgungsmanagement der Techniker Krankenkasse, sprach sich für Zweitmeinungen aus. Insbesondere im orthopädischen Bereich konnten erste Erfolge verzeichnet werden: So entschieden sich laut einer Umfrage unter TK-Versicherten rund 20 Prozent der Patienten nach Einholung einer Zweitmeinung doch für eine konservative Therapie anstelle einer Operation.
Eine weitere Erfolgsgeschichte aus dem Bereich Rückenschmerztherapie wurde von Tim Jäger, Key Account Manager bei FPZ: Deutschland den Rücken stärken, vorgestellt. Zusammen mit der BARMER GEK bietet das FPZ den Versicherten der BARMER GEK im Rahmen der Besonderen Versorgung Rückenschmerz die Möglichkeit eine Zweitmeinung einzuholen an. Dies konnte die Anzahl der Krankenhausaufenthalte von 60 auf 35 Prozent reduzieren und die Patientenzufriedenheit erhöhen.
Eine andere Position im Hinblick auf das Einholen von Zweitmeinungen vertrat Professor Ingrid Mühlhauser, Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Ihr zufolge ist es von größerer Bedeutung die „Meinung“ des Patienten zu stärken statt eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Patienteninformationen müssen verständlicher und transparenter gestaltet werden, insbesondere müsse über Nutzen und Schaden aller Therapieoptionen aufgeklärt werden. Nur so seien Patienten in der Lage informierte und partizipative Entscheidungen zu treffen.
In der Rubrik Start-up wurde das Unternehmen Medexo, das sich auf die Erstellung von Zweitmeinungen spezialisiert hat, vorgestellt. Dr. Jan-Christoph Loh, Geschäftsführer der Medexo GmbH, informierte über das Verfahren: Über ein Online-System kann der Patient alle notwendigen Dokumente hochladen, diese werden dann von Spezialisten begutachtet. Zudem kann ein kostenfreier ärztlicher Telefonservice kontaktiert werden. Eine Wirtschaftlichkeitsprüfung aus dem Jahr 2014/15 ergab eine Einsparung von rund 63 Prozent der Operationen.
Fachtagung „Ambulante Psychotherapie – weiter gedacht!“
Die zweite Sitzung der AG Neue Versorgungsformen fand am 13.04.2016 im Rahmen der Fachtagung „Ambulante Psychotherapie – weiter gedacht!“ statt. Auf Seite XX wird ausführlich über die Fachtagung berichtet.
Digitale Kommunikationsansätze in der Versorgung
Die dritte Sitzung der AG Neue Versorgungsformen fand am 6. September 2016 statt und befasste sich mit digitalen Kommunikationsansätzen in der Versorgung.
Flexible Lösungen hinsichtlich digitaler Anwendungen werden dringend benötigt, allerdings bewegen sich die Krankenkassen aufgrund der hohen Datenschutzanforderungen in einem sehr engen Korsett, so Antje Kapinsky, Fachleitung Gesundheitspolitik bei der Techniker Krankenkasse. Vorhandene Potentiale können aufgrund der Nutzungsbeschränkungen für Routinedaten oft nicht genutzt werden.
Die Deutsche Arzt AG kooperiert mit Krankenkassen und hat bereits ein breites digitales Produktportfolio aufgebaut, das von der Online-Sprechstunde über die Online-Therapie bis hin zur digitalen Gesundheitsakte reicht. Vorgestellt wurden diese Leistungen von Lars-Hendrik Wassenaar, Bereichsleiter Gesundheitsmanagement bei der Deutschen Arzt AG. Über Selektivverträge werden bislang immerhin 2,5 Millionen Versicherte erreicht.
Am Nachmittag wurde der Blick gen Nachbarland Schweiz gerichtet. Cédric Berset, Director Marketing, Communications & Sales bei Medgate, zeigte auf, dass telemedizinische Leistungen in der ambulanten Versorgung der Schweiz längst angekommen sind. Statistiken belegen, dass bis zu 80 Prozent der Fälle bei einigen Indikationen rein telemedizinisch abgeschlossen werden können. Die vorgestellten Abläufe und Zahlen zeigten sehr eindrucksvoll, welches Potenzial in den Anwendungen steckt und wie hoch der Nachholbedarf in Deutschland noch ist.
Abschließend gab Nino Mangiapane, Leiter des Referats Grundsatzfragen Telematik/eHealth im Bundesministerium für Gesundheit, einen Überblick über den weiteren Fahrplan des eHealth-Gesetzes. Auf der Agenda stehe, die Strukturen der gematik sowie die Interoperabilität informationstechnischer Systeme zu verbessern, Prozessstrukturen zur Verbesserung des Informationsaustausches in und zwischen den Sektoren aufzubauen sowie telemedizinische Leistungen zu fördern.
Als Start-up wurde in dieser Sitzung das Unternehmen arztkonsultation.de – die Online Seh- und Sprechstunde vorgestellt. Arztkonsultation.de bietet behandelnden Ärzten die Möglichkeit sich auch online per Video mit ihren Patienten austauschen zu können.
Innovationsfonds – Die ersten Projekte mit Förderbescheid
Die letzte Sitzung des Jahres stand ganz im Zeichen der Aktualität: Gerade einmal zwei Wochen nach Versenden der Zwischenbescheide, wurden am 15. November die ersten vom Innovationsfonds geförderten Projekte vorgestellt.
Wie innovatives Fallmanagement bei chronisch Herzerkrankten in Mecklenburg-Vorpommern aussehen kann, wurde von Pramono Supantia, Leiter Unternehmensbereich Versorgung der AOK Nordost, vorgestellt. Beim Projekt „HerzEffekt MV“ hält der Patient über eine App Kontakt mit einem telemedizinischen Care-Center, das die Vitalparameter des Patienten überwacht und einen Arzt einschaltet, sofern diese sich merklich verschlechtern.
Vollkommen neue Versorgungsstrukturen sollen auch in Templin erprobt werden, so Lutz Freiberg, Geschäftsführer der IGiB GbR. Das Projekt „StimMT“ strebt eine bessere Verzahnung der Sektoren durch ambulant-stationäre Zentren und eine Stärkung der wohnortnahen Versorgung an.
Das Projekt „Rheuma – VOR“ zur Verbesserung der rheumatologischen Versorgungsqualität durch koordinierte Kooperation wurde von Dr. Kirsten Hoeper, Geschäftsführerin des Regionalen Kooperativen Rheumazentrums Niedersachsen e.V., vorgestellt. Interdisziplinär besetzte Koordinationsstellen in Rheumazentren steuern hier eine koordinierte Versorgung von Patienten zwischen Haus- und Fachärzten und tragen somit zu einer früheren Diagnose rheumatischer Erkrankungen bei.
Das vierte Projekt wurde von Prof. Dr. Dr. Thomas R. Tölle, Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Schmerzmedizin (ZIS) am Klinikum rechts der Isar, präsentiert. Mit „Rise up“ geht eine digitale und multimodale Therapie gegen Rückenschmerzen an den Start, die in den strukturierten Behandlungsplan der Patienten eingebaut wird.
Bericht zur Arbeitsgruppe aus dem Geschäftsbericht 2015
Auch 2015 standen vier Themen rund um innovative Versorgungsansätze auf der Agenda der Arbeitsgruppe. Die Stichworte für die erste Jahreshälfte lauteten Versorgungsstärkungsgesetz und Multimorbidität. Nach der Sommerpause ging es um Telemedizinprojekte und Ärztenetze.
Versorgungsstärkungsgesetz – Konkrete Konsequenzen für die Praxis
Am 10. März 2015 befasste sich die Arbeitsgruppe mit dem Versorgungsstärkungsgesetz. Zunächst stellte BMC-Geschäftsführerin Dr. Susanne Ozegowski die Rahmenbedingungen des Innovationsfonds vor und lotete die Chancen, aber auch die Grenzen dieser Form der Innovationsförderung aus.
Aufschluss über die juristischen Implikationen des im GKV-VSG neu gefassten § 140a SGB V gab Dr. Dominique Jaeger, Fachanwältin für Medizinrecht bei M&P Dr. Matzen und Partner. Sie betonte, dass der neue § 140a SGB V die Gestaltungsmöglichkeiten für die Krankenkassen erweitert und Möglichkeiten für besondere Angebote im Wettbewerb schafft. Dem stimmte Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, ehemaliger stellvertretender Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK, zu. Seiner Ansicht nach sei der Innovationsfonds aktuell der Dreh- und Angelpunkt des Innovationsdenkens. Er merkte jedoch an, dass das Refinanzierungsinteresse der Krankenkassen sehr hoch sei, was sich sicher auf die Antragsstrategie auswirken werde.
Welche Rolle die IT-Infrastruktur für Innovationen spielt, verdeutlichte Dr. Axel Wehmeier, Sprecher der Geschäftsführung, Deutsche Telekom Healthcare & Security Solutions GmbH. IT dürfe nicht als allein als Kostenfaktor angesehen, sondern sollte eher als Investitionsgut geschätzt werden. Für eine bedarfsgerechtere Versorgung sei eine deutschlandweite Standardisierung extrem wichtig. Dabei sollte auch darauf geachtet werden, dass die Umsetzbarkeit in der Praxis für Ärzte, Pflegekräfte und medizinische Fachangestellte gewährleistet ist.
Multimorbidität, Multimedikation und Pflege: Modelle zur Bewältigung aktueller Herausforderungen
Die zweite Sitzung der AG fand am 23. Juni in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Gesundheit 65 Plus statt und befasste sich mit Denkansätzen zu den Themen Multimorbidität, Multimedikation und Pflege.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels nehme die Bedeutung pflegender Angehöriger immer mehr zu, so Dr. Susanne Klein, Leiterin Versorgungsmanagement-Entwicklung bei der Techniker Krankenkasse. Jedoch brauchen die pflegenden Angehörigen auch Unterstützungs- und Entlastungsangebote, die sich an konkreten Alltagsbedürfnissen orientieren. Auf dieser Basis entwickelte die TK das Modell NetzWerk LebenPlus, das Integrierte Versorgung mit regionalem Quartiersmanagement und übergreifenden Kooperationsleistungen verzahnt.
Um Unterstützungs- und Entlastungsangebote für pflegende Angehörige ging es auch in dem Beitrag von Dr. Jürgen Fröhlich, Vertrieb und Marketing bei der rehaVital Gesundheitsservice GmbH, und Axel Schnell, Leiter der Bundesgeschäftsstelle des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste. Sie berichteten von den Reformvorschlägen, die die Projektgruppe Pflege und Integrierte Versorgung in den Gesetzgebungsprozess für das Pflegestärkungsgesetz eingebracht hat.
Am Nachmittag widmete sich die Arbeitsgruppe dem Thema Arzneimitteltherapiesicherheit. Nachdem Prof. Dr. Marion Schäfer, Leiterin des Masterstudiengang Consumer Health Care an der Charité, die Voraussetzungen für ein effektives Medikationsmanagement erläutert hatte, stellte Dr. Simone Schreiber als Vertreterin der AG Gesundheit 65 Plus die zehn Forderungen vor, die die AG zum Medikationsmanagement erarbeitet hat. Ein Best-Practice-Beispiel skizzierte Matthias Leu, Direktor internationales Business Development bei der CompuGroup Medical Deutschland AG, anhand des Arzneimittelkontos NRW.
Telemedizinprojekte auf dem Versorgungsprüfstand – Lohnt sich die Skalierung mit dem Innovationsfonds?
Die Ankündigung des Innovationsfonds hat im deutschen Gesundheitswesen zu Aufbruchstimmung geführt. Dies gilt in besonderem Maße für den E-Health-Bereich. Viele Akteure sehen hier einerseits einen großen Nachholbedarf, andererseits gibt es bereits zahlreiche vielversprechende Ansätze, denen der Innovationsfonds zum flächendeckenden Durchbruch verhelfen könnte.
Eine Reihe von Best-Practice-Modellen aus dem Bereich Telemedizin wurden in der dritten AG-Sitzung am 8. September 2015 vorgestellt. Dazu gehörten neben der Echtzeitfernanpassung von Cochlea-Implantaten an der Medizinischen Hochschule Hannover auch die Möglichkeiten zur Therapieoptimierung bei Diabetes Typ 2, die am Deutschen Institut für Telemedizin und Gesundheitsförderung herausgearbeitet wurden. Darüber hinaus wurden Chancen der Telemedizin in der Intensivmedizin für strukturschwache Regionen erläutert und das EU-geförderte Projektvorhaben für eine offene Telemedizinplattform in Ostsachsen vorgestellt. Abschließend erhielten die Teilnehmer einen Einblick in das Deutsche Telemedizinportal.
Best Practice Ärztenetze – Förderung nach § 87b SGB V
Die letzte AG-Sitzung des Jahres stellte am 17. November die neuen Regelungen zur Förderung von Ärztenetzen nach § 87b SGB V in den Mittelpunkt. Zunächst legten Dr. Siegfried Jedamzik vom Ärztenetz GOIN und Michael Steinhaus von MedicBrain Healthcare ihre Erfahrungen im Hinblick auf die Erlangung der Förderfähigkeit dar. Anschließend erläuterte Dr. Carsten Jäger von der Agentur deutscher Arztnetze die Rolle von Ärztenetzen als Innovatoren im Gesundheitswesen. Einen Ausblick auf die Netzlandschaft im Jahr 2025 gab zudem Prof. Dr. Clarissa Kurscheid von der praxisHochschule Köln.
Als festen Bestandteil der Sitzungen etablierten die AGLeiter Ralph Lägel und Prof. Dr. Möws im Lauf des Jahres die Kurz-Präsentation jeweils eines Start-ups aus dem Healthcare-Bereich. In diesem Rahmen wurden die telemedizinische Kommunikationsplattform der flexperto AG und die App Life Time von Connected Health vorgestellt.
Ausblick
Für 2018 hat sich die Arbeitsgruppe wieder einiges vorgenommen: Neue Ansätze in der Notfallversorgung sollen eruiert werden, der Fortschritt der vier bereits in den vergangenen Jahren vorgestellten Innovationsfondsprojekte wird weiter begleitet und die Arbeit der künftigen Bundesregierung in Hinblick auf neue Versorgungsformen wird selbstverständlich ebenfalls einer kritischen Betrachtung unterzogen.
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