Internationale Bühne für Integrierte Versorgung
Im November 2015 fand der 3. World Congress on Integrated Care in Mexico City statt, auf dem auch BMC-Geschäftsführerin Dr. Susanne Ozegowski mit einem Beitrag vertreten war. Hier schildert sie ihre Eindrücke von der inspirierenden Veranstaltung.
„Um integrierte Versorgungsstrukturen flächendeckend aufzubauen, braucht es ein langfristiges politisches Commitment – das lässt sich nicht in einer Legislaturperiode umsetzen“, betont Nick Goodwin. „Damit haben wir ja kein Problem“, entgegnet Dr. Lizette Pérez Perea schmunzelnd – und mit ihr lacht der Saal. Kein Wunder: Dr. Pérez Perea kommt aus Kuba.
Sie ist eine von über 300 Teilnehmern beim 3. World Congress on Integrated Care, der am 20. und 21. November 2015 in Mexico City stattfand. Jährlich organisiert wird der Kongress durch die International Federation on Integrated Care, die von Dr. Nick Goodwin geleitet wird und in deren Board mit Helmut Hildebrandt auch ein BMC-Vorstandsmitglied vertreten ist. Im Mittelpunkt des 3. World Congress stand der Austausch zwischen Praktikern, Wissenschaftlern und Regierungsvertretern aus aller Welt.
Patientenzentrierung in den USA: Vom „nice to have“ zum „must have“
In der Eröffnungssession beeindruckte besonders der Vortrag von Bev Johnson, Präsidentin des Institute for Patient- and Family-Centered Care. Anhand verschiedener Best Practice-Beispiele zeigte die US-Amerikanerin auf, dass Patientenzentrierung nicht in der Arbeit „für“ den Patienten, sondern „mit“ dem Patienten und seinen Angehörigen besteht. Auch in der Forschung brauche es ein Umdenken: Hier hob Johnson das durch den Affordable Care Act („Obamacare“) gegründete Patient-Centered Outcomes Research Institute (pcori) hervor. Das Institut habe die Berücksichtigung der Patientenperspektive von einem „nice to have“ in ein nicht verhandelbares „must have“ fundamental verändert. Noch bevor es an die Vergabe der mehr als US$ 150 Mio. an Forschungsgeldern jährlich geht, beginnt Patientenzentrierung dort schon damit, dass Patienten bei der Festlegung der Forschungsthemen und der Förderkriterien systematisch einbezogen sind.
IV in Mexiko: Von Konzeptpapieren zu echten Veränderungen?
Wie steinig der Weg zur Umsetzung einer integrierten Versorgung ist, zeigt sich am Beispiel Mexikos. Die mexikanische Regierung hat ein Konzept für integrierte Versorgung erstellt, das auch Gegenstand eines High Level Meeting mit internationalen Experten im Vorfeld des Kongresses war. Obwohl die Regierung von 2001 bis 2006 und von 2007 bis 2012 bereits Offensiven für Qualität durch Integrierte Versorgung initiiert hatte, stehen sowohl das Versicherungs- als auch das Versorgungssystem einer erheblichen Fragmentierung und Qualitätsproblemen gegenüber. Laut dem Abteilungsleiter für Qualität des mexikanischen Gesundheitsministeriums Sebastian Garcia Saisò variiert die Krebs-Überlebensrate je nach Krankenhaus zwischen 15 und 80 Prozent. Mit seiner Diabetes-Prävalenz belegt das Land zudem die Weltspitze. Um mit der neuen Strategie nicht wieder an der Umsetzung zu scheitern, hatte sich die mexikanische Regierung ganz bewusst darum bemüht, den World Congress in Mexico City stattfinden zu lassen. Die Expertise aus dem Kongress, aber auch das Momentum sollen jetzt für mehr Erfolg sorgen.
An beidem – Expertise und Momentum – kann man dem Kongress in jedem Fall keinen Mangel vorwerfen. Selten habe ich bei einem Kongress so viel Interaktion zwischen Teilnehmern aus aller Welt, echtes Interesse am Ideenaustausch und Begeisterung für das Thema erlebt. Dabei fehlte es nicht an gemeinsamen Lachern, wie die anfangs zitierte Anekdote zeigt, und spätestens bei der abschließenden musikalischen Impro-Einlage riss es auch den letzten Teilnehmer von den Stühlen.
Nähere Informationen zur International Federation on Integrated Care finden Sie unter http://integratedcarefoundation.org/. Deren nächste Konferenz, die International Conference on Integrated Care, findet vom 23. bis 25.5.2016 in Barcelona statt.
Text: Dr. Susanne Ozegowski, BMC
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